8 Hirsch To Go     16.-18. April 2010
Junge Forschung zu Mesoamerika in Hamburg

Wer wir sind…


Wir sind eine kleine Gruppe engagierter MagistrantInnen und DoktorandInnen der Mesoamerikanistik an der Universität Hamburg. Obwohl wir nun die letzte Generation von Studierenden unseres traditionsreichen Faches darstellen, spiegelt sich in unseren sehr unterschiedlichen Erfahrungen und Forschungsinteressen die Vielfalt unseres Studiengangs wider. So reichen unsere Arbeitsfelder von archäologischen Ausgrabungen im Gebiet der Azteken über das Studium von Bilderhandschriften der Mixteken bis hin zur Feldforschungen bei den heutigen Maya Guatemalas.

Kleine Geschichte unseres Faches
Als Pioniere deutscher Forschung in Mesoamerika können neben Alexander von Humboldt auch Forscher des 19. Jahrhunderts wie Karl Sapper und Teobert Maler benannt werden. Noch bedeutender aber war aber die Arbeit des Berliner Gelehrtenehepaars Eduard Seler und Cäcilia Seler-Sachs, die sich beide gleichermaßen mit dem Studium archäologischer Stätten, historischer Quellen und (in Ansätzen) auch mit der zeitgenössischen indigenen Bevölkerung befassten.
Ein Grund für die Etablierung des Faches in Hamburg mag die Geschichte der Stadt selbst sein. Als das „Tor zur Welt“ pflegte Hamburg seit jeher Kontakte nach Übersee. So schloss die Stadt bereits 1824 ein Handelsabkommen mit Mexiko und 1847 ein weiteres mit Guatemala. Hamburger Familien, die sich teils auch in Zentralamerika niederließen, kontrollierten zur Jahrhundertwende den Großteil des guatemaltekischen Kaffeehandels. Auch die Gründung der Hamburger Universität, die 1919 aus einem Kolonialinstitut hervorging, ist letztlich auf die Hamburgischen Interessen in Übersee zurückzuführen.
Gründervater der Hamburger Mesoamerikanistik war Franz Termer, von Hause aus Geograph, der sich aber auch als Ethnologe, Historiker und Archäologe einen Namen machte. In seiner Funktion als Direktor des Hamburger Völkerkundemuseums war er es, der 1951 eine Sonderprüfungsgenehmigung für Altamerikanistik innerhalb der Ethnologie beantragte.
Die Trennung des Faches von der Ethnologie erreichte aber erst Termers Nachfolger Günter Zimmermann, der 1965 den Lehrstuhl und die „Arbeitsstelle für Altamerikanische Sprachen und Kulturen“ gründete. Kollegen bzw. Nachfolger von Zimmermann waren die Professoren Eike Hinz und schließlich Ortwin Smailus, unter dem das Fach von Alt- in Mesoamerikanistik umbenannt wurde, um auch unser Interesse an der heutigen Zeit zu betonen.
Ungeachtet des andauernden öffentlichen Interesses an den Kulturen der Azteken und Maya, war es der Mesoamerikanistik leider nicht vergönnt, sich zu einen größeren Fach zu entwickeln.

Der geringe Zusammenhalt der Geisteswissenschaften innerhalb der Universität und eine Verkettung unglücklicher personeller Entwicklungen machte das Fach anfällig für Sparmaßnahmen. So wurde eine der ursprünglich zwei Professuren zunächst auf die Stelle eines Assistenten und schließlich auf die eines wissenschaftlichen Mitarbeiters reduziert. Aufgrund von erneuten Sparvorgaben der Universität entschied der Fachbereich Kulturgeschichte und Kulturkunde im Jahr 2005 schließlich (ungeachtet zuvor gemachter gegenseitigen Solidaritätsversprechen) auch die verbliebenen Stellen unseres Faches auslaufen zu lassen. Diese Entscheidung ermöglichte es zwar, mit den über die Sparvorgaben hinaus freiwerdenden Mitteln den Etat der größeren Fächer aufzustocken, jedoch zu Ungunsten der Fächervielfalt. Die Problematik dieser Entscheidung wird umso deutlicher, wenn man sich vor Augen führt, dass auf diese Weise relativ weit verbreitete Fächer gestärkt wurden, während ein mit der Mesoamerikanistik vergleichbarer Studiengang heute nur noch an der Universität Bonn existiert. Mit der Pensionierung von Prof. Smailus im Jahr 2007 und dem Wegfall der Stelle des wissenschaftlichen Mitarbeiters (zuletzt besetzt mit Armin Hinz) im März 2009 verfügt das Fach heute über kein Personal mehr. Abgesehen von einigen Lehraufträgen kann nur durch unser ehrenamtliches Engagement und die Bereitschaft von Professor Smailus, auch weiterhin Prüfungen abzunehmen, der Fachbetrieb notdürftig weitergeführt werden, um den verbliebenden Studierenden zumindest eine Chance einzuräumen, ihren Abschluss zu erreichen. Trotz seines nur gut 40-jährigen Bestehens, kann die Hamburger Mesoamerikanistik auf zahlreiche Erfolge zurückblicken. So begann die Karriere heute führender Fachvertreterinnen und Fachvertreter wie Viola König (heute Direktorin des Ethnologischen Museums in Berlin) oder Nikolai Grube (Professor für Altamerikanistik in Bonn und einer der bedeutendsten Mayaforscher weltweit) in Hamburg. Neben seinen international hoch angesehenen Arbeiten zum kolonialzeitlichen Maya, gelang es Prof. Smailus, auch durch seine ethnographische Forschung auf der Halbinsel Yukatan eine seit 35-Jahren andauernde Zusammenarbeit mit der Maya-Gemeinde von Señor zu etablieren. Regelmäßige studentische Exkursionen waren für viele der heute etablierten Fachvertreterinnen und Fachvertreter eine wichtige Einführung in die moderne Kultur der Maya. Für den Bereich der Azteken ist zudem Dr. Claudine Hartau zu nennen, die aufgrund ihrer Arbeit mit aztekischsprachigen Texten der Kolonialzeit, zu einer der führenden Aztekologinnen in Europa zählt, und die unserem Fach und Hamburg immer die Treue gehalten hat.

L.F.

Weiterführende Literatur:
Lars Frühsorge, Armin Hinz, Annette I. Kern, Ulrich Wölfel (Hrsg.)
2010 Götter, Gräber und Globalisierung: Indianisches Leben in Mesoamerika - 40 Jahre Alt- und Mesoamerikanistik an der Universität Hamburg. Hamburg: Verlag Dr. Kovač.

 

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